Bericht Alpenüberquerung Juli 2019

5 Jahre hat es nun gedauert, bis wir das Projekt „Alpenüberquerung auf dem Rennrad“ innerhalb des TSV Baden Triathlon wiederholten. Obwohl die Nachfrage immer groß war, führten andere Termine wie Trainingslager oder schwierige Urlaubssituation immer zu einer Verschiebung ins nächste Jahr – bis zu diesem Sommer.

Die Organisation begann bereits Ende Dezember 2018. Schnell war entschieden, dass es keine „Pauschaltour“ eines Reiseveranstalters sein sollte sondern, wie schon beim ersten Mal, eine individuell organisierte. Die Hotels waren schnell gebucht, etwas mehr Aufwand war die Organisation eines Kleintransporters mit 6 Sitzen, ausreichend Platz für Gepäck sowie einer Anhängerkupplung für unseren 4-fach Radträger. Doch auch hier wurden wir schließlich fündig. Nachdem wir es schon fast aufgegeben hatten, fanden wir kurz vor knapp mit Klaus auch noch einen Mitreisenden, der das Fahren des Busses sowie den kompletten Support auf der Strecke übernahm, ein absoluter Traum! Das Equipment und das Team standen, so konnte es also gutgelaunt am Morgen des 20. Juli losgehen.

Die erste Etappe führte uns von Östringen nach Albstadt-Tailfingen. Da wir die chaotische Verkehrssituation rund um Pforzheim meiden wollten, entschieden wir uns kurzfristig für eine alternative Route, die wir mit der Garmin Connect App erstellt hatten. Aus dem gemütlichen Einrollen wurde leider nichts. Bei weit über 30 Grad, permanentem Gegenwind wie aus dem Fön und einer extrem unrhythmischen Strecke kamen wir bereits bei dieser ersten Etappe fast an unsere Grenzen. Dominik unterstützte uns moralisch noch etwas und begleitete uns bis hinter Bretten, doch bei der geplanten Pause nach ca. 100 km in Nufringen war die Luft schon fast raus. Gott sei dank hatte Klaus kalte Cola und Iso zur Hand und so rollten wir weiter und erreichten nach 155 km und ca. 1.900 Hm Tailfingen. Es wurde nicht ausgesprochen aber jedem war klar: Wenn es so weiter geht, dann wird es ganz hart.

Nachdem wir am Vorabend die Speicher beim Griechen in Tailfingen gefüllt hatten trafen wir uns am Morgen in Albstadt mit Martin, der wegen einer Feier erst mit Verzögerung dazustoßen konnte, zum Frühstück. Gestärkt und vollzählig ging es los in die zweite Etappe. Diese war ein absoluter Traum und der komplette Gegensatz zum Vortag. Auf herrlichen, kaum befahrenden Landstraßen durchquerten wir Schwaben in Richtung Allgäu. Getrübt wurde die gute Stimmung nur kurz durch einen Defekt an Martins Rad – eine Schraube am Sattelgestell war gebrochen. Jedoch fanden wir beim Bauernhof um die Ecke eine passende Ersatzschraube und konnten nach maximal 15 Minuten bereits weiterfahren. Beim Parkfest in Kießlegg trafen wir auf Klaus und konnten wir uns mit Deftigem und Kuchen stärken, bevor es auf die letzten Kilometer nach Fischen im Allgäu ging. Am Ende standen wunderschöne 173 km beim 1500 Hm zu Buche. In Fischen machte an dem Abend der Italiener guten Umsatz mit uns.

Respektvoll starten wir nun am 3. Morgen in die erste richtige Alpenetappe. Als kleiner Vorgeschmack, auf was da noch so kommen möge, erwies sich der Pass von Bad Hindelang nach Oberjoch hoch. Der Anstieg entsprach etwa einer Fahrt auf den Königstuhl in Heidelberg. Von Oberjoch ging es dann nach Weißenbach und von da an entlang der Lech. Und plötzlich und ohne Vorwarnung türmte er sich vor uns auf, der Hahntennjoch Pass. Eine 15 Kilometer langer Anstieg bis hinauf auf über 1.600 Meter. Das traf uns etwas unvorbereitet, drehten sich unsere Gedanken doch permanent nur um das Stilfser Joch, welches erst in 2 Tagen anstehen sollte. Das Hahntennjoch erwies sich als echter Prüfstein. Ein nicht enden wollender Anstieg der immer, wenn man dachte es geht nicht steiler, noch steiler wurde. Alle waren sichtlich erleichtert als Klaus auf der Passhöhe die kalten Getränke gleich zur Hand hatte. Das gute an einer Passhöhe ist: Die Abfahrt. Nachdem diese bewältigt war erreichten wir nach 94 km und 1.600 Hm direkt Imst, wo wir übernachteten. 

Der 4. Tag startete etwas ruppig, da wir Schwierigkeiten hatten Imst im Gewirr von Bundesstraßen und Autobahnen fahrradfreundlich zu verlassen. Ohne Warm-up ging es sofort in einen unangenehmen, vielbefahrenden Anstieg. Nach einigen wenigen Kilometern bogen wir jedoch ab und es folgte ein unfassbar schönes Teilstück über den Pass „Piller Höhe“, bevor wir ins Oberinntal hinunter und über Nauders Richtung Reschenpass und -See fuhren, wo wir die italienische Grenze überquerten. Bis wir am Reschensee ankamen hatte Klaus denselben bereits mit seinem Fahrrad umrundet und wir konnten uns gemeinsam stärken. Vom See aus war es nicht mehr weit bis in unsere Unterkunft in Laatsch. Die Etappe bestand aus durchwachsenen 90 km mit ca. 1750 Hm.

Der 5. Morgen starte wortkarg, die Königsetappe über das Stilfser Joch und den Gaviapass war gekommen. Wir verließen Laatsch zeitig und hatten glücklicherweise ein paar flache Kilometer nach Prad um uns etwas warm zu fahren. In Prad bogen wir direkt ab Richtung Stilfser Joch, mit seinem 25 km langen Anstieg und den berühmten durchnummerierten Spitzkehren. Die Gruppe fiel schnell auseinander, klar, hier musste jeder für sich fahren. Zuerst n+100+och ruhig und einsam, wurde es mit zunehmender Höhe und Uhrzeit etwas voller und öfters kam Racefeeling auf, wenn man auf andere Radfahrer (oder E-Biker 😉) traf. Die herunterzählenden Kilometerangaben auf den letzten Kilometern waren eher kontraproduktiv, da sich nach mittlerweile 2 Stunden steil bergauf fahren selbst 100 Meter zogen wie Gummi. Klaus gab sein bestes um eine optimale Versorgung zu gewährleisten, was jedoch aufgrund des zunehmenden Verkehrs und unserer weit auseinandergezogenen Gruppe sehr schwer war. Doch irgendwann waren alle oben, gezeichnet zwar, aber sichtlich stolz. Wir genossen das bunte Treiben aus Autos, Wohnmobilen, Rad- und Motorradfahrern sowie Skifahrern auf ca. 2.800 Metern nur recht kurz, wussten wir doch, dass wir in kürze die 2. Aufgabe des Tages bewältigen müssen. Die Abfahrt war schön, aber nicht ungefährlich (Stichwort unbeleuchtete Tunnel und Sonnenbrille!) und endete in Bormio, wo wir ca. 5 Minuten flach rollten um direkt wieder in den Anstieg des Gavia Passes hineinzufahren. Dieser ist mit ca. 2.600 Metern nicht viel kleiner als das Stilfser Joch, von dem wir gerade herunter gefahren waren. Erschwerend kam nun hinzu, dass es zum allerersten Mal, seit wir von Östringen losfuhren, etwas zuzog. Bis dahin fuhren wir seit viereinhalb Tagen bei strahlendem Sonnenschein ohne Gewitter, bei weitem nicht selbstverständlich. Wieder unterstützt durch unseren Supportwa133+gen kamen alle nach und nach auf dem Gipfel des Gaviapasses an. Exakt 2 Minuten, nachdem der letzte vom Rad stieg fing es auch schon an zu regnen. Nach knapp einer Stunde, die wir mit Fanta und Knabbereien im Gipfelcafè überrücken konnten, hörte der Regen auf und wir konnten abfahren. Durch die nasse Fahrbahn war es zwar ein ziemlicher Eiertanz, jedoch konnten wir sturzfrei und trocken das Hotel in Temu erreichen. Am Ende waren es exakt 100 km und, je nach Radcomputer, zwischen 3.200 und 3.500 Höhenmetern. Die Königsetappe war geschafft, nun trennte uns nur noch eine Tour vom Gardasee!

Eigentlich geplant als Triumphzug mit Sektglas in der Hand, wurde die 6. und letzte Etappe nach Riva del Garda nochmal richtig hart. Mit vom Vortag dicken Oberschenkeln rollten wir nach wenigen flachen Metern direkt wieder in den Anstieg des Passo Tonale, der auf ca. 1800 Metern führte. Zurück im Tal ging es entlang dem Flüsschen Torrente Noce bis nach Dimaro, wo wir den zweiten Pass des Tages, den Campo Carlo Magno (1.700 m) erklommen. Nach ca. 55 km an diesem Tag erreichten wir die Passhöhe und hofften auf eine lockere Abfahrt, am besten bis an den Gardasee. Weit gefehlt, die Etappe war zwar landschaftlich unheimlich schön, aber auch permanent wellig und zog sich ohne Ende. Dazu kam, dass wir noch einen weiteren Pausenstopp mit Klaus zur Verpflegung eingeplant hatten, diesen aber aufgrund von Fehlkommunikation nicht antrafen. Mit schwindenden Reserven (wenigstens die Wasserflaschen konnten wir an Brunnen auffüllen) bissen wir uns weiter durch, bis wir mit dem Passo del Ballino den letzten Anstieg meisterten. Beim ersten Aussichtspunkt mit Blick auf den Gardasee sammelten wir uns, um die letzten Kilometer Gemeinsam zu bestreiten. Total erledigt, aber absolut glücklich kamen wir nach weiteren 133 Kilometern und 2.100 Hm bei unserem Hotel in Riva del Garda an.

Fertig ohne Ende (sogar das Einchecken im Hotel und die Versorgung der Räder stellte uns vor fast unlösbare Aufgaben 😉) brachen wir am Pool zusammen, wo wir den Rest des späten Nachmittags verbrachten und den wir nur verließen, weil der Hunger uns irgendwann dazu trieb. Beim ausladenden Abendessen stellten wir unseren bisherigen Rekord für die höchste Rechnung mühelos ein. Vorspeiseplatten, Steaks und Pizzen verschwanden nur so durch Zauberhand.

Den nächsten Tag verbrachten wir am Strand und mit einer kleinen Ausflugsbootsfahrt. Die Idee einer kurzen Radeinheit vor Ort war schnell verworfen worden – keiner hatte mehr wirklich Lust sich aufs Rad zu setzen. Den Abend verbrachten wir beim Essen in der Altstadt und zum Ausklang in einer wirklich tollen Cocktailbar.

Am nächsten Morgen ging es auch leider wieder schon zurück nach Hause. Die Räder mussten also auf den Radträger des Busses und wir zusammen mit dem Gepäck in den Bus. Wir hofften sehr, dass alles passt, hatten wir es doch vorher nie so wirklich getestet, da ja immer nur Klaus mit dem Gepäck im Bus war und wir mit den Rädern auf der Straße. Glücklicherweise passte alles gut und wir konnten uns auf den Heimweg machen. Geheimtipp: 5 Männer für 10 Stunden in einem Bus ohne Klimaanlage bei 30 Grad, man hat schon völlig vergessen wie das mal war.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Tour ein voller Erfolg. Kaiserwetter, nur einen kleinen Minidefekt (sonst keinen Platten, gar nichts) und ein super Team. Ganz großen Dank nochmal an Klaus für den tollen Support und das „den Berg hochschreien“, das hat echt geholfen.

Die Gesamte Tour führte über ca. 745 Kilometer und 12.000 Höhenmeter von Östringen nach Riva del Garda. 

Vom TSV Baden Triathlon nahmen teil: Martin Baumann, Christian Huth, Matthias Gasafy und Torben Baptist. Weltbester Supporter war Klaus Franz.